Bossing = Mobbing durch den Chef

Mobbing von Arbeitskollegen ist schon arg genug. Noch schlimmer ist es aber, wenn der Chef höchstpersönlich für das Drangsalieren von Mitarbeitern verantwortlich ist. In der Fachwelt gibt es mittlerweile einen eigenen Begriff dafür: Das Bossing!

Chefs mit Persönlichkeitsstörung

Mobbing von oben wird in den meisten Fällen vom direkten Vorgesetzten vollzogen. Der Boss an der Spitze des Unternehmens tritt gar nicht mal so häufig als Initiator von Bossing in Erscheinung, und wenn doch, dann nur in kleineren Betrieben. Vielmehr sind es die aufstrebenden Persönlichkeiten in größeren Firmen, die meinen, sie müssen allen zeigen, was sie können. Wer tatsächlich über die nötigen Qualifikationen verfügt, hat ein solches Verhalten nicht nötig. Bossing-Chefs wollen zwar an die Macht, fühlen sich aber in einer leitenden Position überfordert, würden dies aber nie und nimmer zugeben. Der wahre Grund für Bossing ist in der Regel ein Persönlichkeitsproblem und in besonders aggressiven Fällen sogar eine neurotische Erkrankung. Jeder Untergebene, aber auch Mitarbeiter auf gleicher Ebene mit Fachkompetenz, Intelligenz und Wissen, stellt eine ernsthafte Gefahr dar, die mit allen Mitteln aus dem Weg geschafft werden muss.

Bossing, ein Phänomen unserer Zeit

Bossing wird in den Betrieben leider immer häufiger praktiziert. Der Konkurrenzdruck nimmt zu, was Bossing-Chefs zu immer heftigeren Mitteln greifen lässt. Wer zu den Zielscheiben des Chefs zählt, muss ständig damit rechnen, dass seine Fehler ausgeschlachtet und mit Freude eine Stufe höher in der hierarchischen Struktur der Firma weitergereicht werden. Sind keine Fehler zu finden, werden notfalls auch welche initiiert, so dass der betreffende Mitarbeiter zwangsweise Fehler machen muss. Mehr noch, der Bossing-Chef tritt anschließend auch noch als Retter der Nation auf, denn wenn er nicht gewesen wäre, dann……. Es kann natürlich auch sein, dass gute Arbeit einfach als schlecht dargestellt wird und deshalb wiederholt werden muss. Dass der Ablauf der Firma darunter leidet, nimmt der Bossing-Chef wohlwollend in Kauf, weil letztendlich immer seine persönlichen Interessen vor denen des Betriebes stehen. Wie unsicher muss ein derartiger Vorgesetzter in Wirklichkeit sein, wenn er ständig jeden überzeugen muss, welch toller Hecht er ist? Beim oberen Chef spielt er natürlich den Untergebenen, damit das hinterlistige Agieren nicht auffällt. Aus Angst, dass sich die Mitarbeiter in ihrer Not direkt an den oberen Boss wenden, wird nach Möglichkeit jeglicher Kontakt dorthin unterbunden. Wer es trotzdem wagt, sich bei der Geschäftsführung zu beschweren, muss mit dem Schlimmsten rechnen.

Merkmale eines unkompetenten Chefs, der zu Bossing neigt:

  • Ein Chef, dem es an Chefqualifikationen mangelt, versucht dies durch lange Reden, meistens immer wieder die selben, zu kompensieren. Dabei spricht er auffallend laut und langsam und lässt während und nach seinen Ansprachen keine Einwände zu.
  • Prinzipiell wird jede Entscheidung erst einmal auf die lange Bank geschoben. Sind Termine gesetzt und die Frist rückt zeitlich gefährlich nahe, muss plötzlich auf Biegen und Brechen alles unkoordiniert im Rekordtempo von den Mitarbeitern erledigt werden.
  • Gleicht das Chefzimmer einem Hochsicherheitstrakt, hat der Vorgesetzte höchstwahrscheinlich viel zu verbergen und zwar nicht nur personenbezogene Daten, die wirklich unter Verschluss gehören.
  • Ideen von Mitarbeitern werden prinzipiell erst einmal abgeschmettert und eine gewisse Zeit später beim höher gestellten Chef als die eigenen präsentiert.
  • Mitarbeiter, die gefährlich werden könnten, müssen mit Bloßstellungen vor versammelter Mannschaft rechnen. Generell wird vor anderen Mitarbeitern schlecht über gewisse Personen gesprochen, egal ob diese anwesend sind oder nicht.
  • Verunsicherungen der Mitarbeiter mit undurchsichtigen Andeutungen gehören zum Alltag. Überhaupt sorgen ständig wechselnde Anweisungen gemäß dem Motto „heute so und morgen so“ für ein ständiges Durcheinander.
  • Der enge und somit vertraute Kreis um den Chef besteht in aller Regel aus Menschen mit wenig bzw. gar keinem Selbstwertgefühl, mit geringer Intelligenz oder wenig Können. Von ihnen hat der Bossing-Chef nichts zu befürchten.

Was tun bei Bossing?

Wenn der direkte Vorgesetzte Bossing betreibt, empfiehlt sich ein klärendes Gespräch bei der Geschäftsleitung. Wird von dieser Seite daraufhin nichts unternommen, bleibt wahrscheinlich nur noch die Kündigung. Sicherlich werden die Angriffe nach Bekanntwerden der Aussprache immer massiver, um eine Eigenkündigung voranzutreiben, damit nicht noch mehr Beschwerden bei der Geschäftsleitung landen. Auf Dauer halten Bossing nur Menschen mit extrem starkem Nervenkostüm aus. Für alle anderen besteht die große Gefahr, irgendwann komplett auszurasten oder selbst an der Psyche oder sogar körperlich zu erkranken. Es empfiehlt sich ein Arztbesuch noch vor der Kündigung, um mit ihm über Schlafstörungen, hohen Blutdruck oder anderen Auswirkungen des Bossings zu sprechen. Stellt dieser Arzt dann nach der Kündigung einen Bescheid für das Arbeitsamt aus, entfällt die sonst übliche 3-monatige Sperre bei einer Eigenkündigung. Das Arbeitsamt will allerdings auch wissen, ob vor der Kündigung eine Aussprache mit dem Personalchef bzw. mit der Geschäftsleitung angestrebt wurde und ob sie etwas gebracht hat.

Zum Thema Bossing gibt es auch noch ein empfehlenswertes Buch: Bossing – wenn der Chef mobbt: Strategien gegen den Psychokrieg(=Affiliate-Link zu Amazon)

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