Emotionale Erpressung

FreiheitsentzugMöchte man doch meinen, die Zeiten, in denen emotionale Erpressung noch greift, seien längst vorbei. Schließlich gibt sich die nachwachsende Generation als betont aufgeklärt, selbstbewusst und unabhängig, was die persönlichen Entscheidungen betrifft. Doch der Schein trügt oftmals. Ein aufmerksamer Blick hinter die Kulissen vieler Familienstrukturen mit einer etwas kritischen Betrachtungsweise macht deutlich, dass im Leben vieler Menschen emotionale Erpressung immer noch ein machtvolles Instrument darstellt. Ja, genau, letztendlich geht es um Macht, die sich mit emotionaler Erpressung erfolgreich aufrecht erhalten lässt.

Eingeschränkte Freiheit

Eines sollte klar sein: Emotionale Erpressung ist Manipulation in Reinform. Das vorrangige Ziel: Mitmenschen zu einem Verhalten zwingen, das nicht deren eigenem Willen, sondern dem Willen des Erpressers entspricht. Wer sich darauf einlässt, wird seiner persönlichen Freiheit beraubt, zumindest zum Teil. Es handelt sich im Prinzip um eine unsichtbare Fessel, die die Erfüllung der eigenen Wünsche boykottiert. Treffender ausgedrückt, emotionale Erpressung ist immer dann gegeben, wenn zugunsten des Verhaltens einer anderen Person ein eigener Wunsch aufgegeben wird

Sabotage mit Gefühlen

Erpressung funktioniert nur mit der Verknüpfung einer Drohung. Wird eine bestimmte Forderung nicht erfüllt, kommt es zum Vollzug der angedrohten Maßnahme. Bei erpresserischer Kindesentführung steht das Leben des Kindes auf dem Spiel, falls den Forderungen nicht nachgegangen wird. Der Emotional-Erpresser bedient sich der Gefühle seiner Mitmenschen, was auf vortreffliche Weise durch die Erzeugung eines schlechten Gewissens gelingt. Dazu muss der Erpresser in die Opferrolle schlüpfen, um beim Gegenüber Schuldgefühle zu erzeugen.

Emotionale Erpressung seitens der Eltern

Im Grunde sollte die Unabhängigkeit der erwachsenen Kinder das Bestreben aller Eltern sein. Auf eigenen Beinen stehen und ein glückliches Leben führen, sind Attribute, die Eltern in Bezug auf die eigenen Kinder normalerweise zufriedenstellen. Dass die Eltern nun nicht mehr den Ton angeben, versteht sich von selbst. Doch leider sind manche Eltern mit dieser Außenseiterrolle nicht einverstanden. Um wieder in den Mittelpunkt zu rücken, wird emotionale Erpressung eingesetzt. Die Gesetzmäßigkeit des Loslassens fällt unter den Tisch. Nur mit „losgelassenen Kindern“ ist eine Kommunikation „auf der selben Augenhöhe“ möglich. Ansonsten nehmen Eltern auf Dauer die Position der Überlegenen ein, die keine ebenbürtige Verständigung ermöglicht. Der Unterlegene hat sich dem Willen des „Ranghöheren“ zu beugen.

Vom Partner verursachte emotionale Erpressung

Nicht nur Väter und Mütter wenden emotionale Erpressung an. Ein ähnlich gestricktes System ist auch mit dem Partner möglich. Wiederum geht es um Macht. Reicht die persönliche Dominanz nicht aus, wird mit emotionalen Erpressungsversuchen manipuliert. Lässt sich der Partner darauf ein, bleiben Remakes höchstwahrscheinlich nicht aus. Alles, was sich als erfolgreich erwiesen hat, kommt erneut zur Anwendung. Gegen emotionale Erpressung hilft deshalb nur strikte Verweigerung, am besten schon bei den allerersten Manipulationsversuchen. Die Worte:„Ich lass mich nicht erpressen“, stellt von Anfang an klare Verhältnisse her. Wer sich bereits in einem derart krankhaften Verhaltensmuster befindet, kann aber auch noch jederzeit aussteigen. Er darf sich nur in Zukunft nicht mehr auf der Gefühlsebene erpressen lassen.

Emotionale Erpressung abstellen

Lange Jahre umgesetzte Verhaltensweisen verschwinden nicht über Nacht. Um nicht mehr auf emotionale Erpressung hereinzufallen, bedarf es einer ausgetüftelten Strategie:

  1. Emotionale Erpressung als solche erkennen
  2. Das schlechte Gewissen beiseite schieben, wenn es sich um Manipulation handelt.
  3. Klarstellen, dass Gefühlsterror ab sofort kein Erfolg mehr hat.
  4. „Nein-Sagen“ lernen

Angst ist zumeist unbegründet. Wer sich trotzdem vor der eigenen Konsequenz fürchtet, sollte sich vor Augen halten, dass emotionale Erpressung niemals ein freundschaftliches Miteinander zulässt. Welchen Wert besitzen Beziehungen, die nur mit Hilfe von Manipulation funktionieren? Vielleicht stellt ein auf Respekt basierender Umgang für den Erpresser sogar eine Bereicherung dar. Ein solcher Prozess gerät nur in Gang, wenn endlich Grenzen gesetzt werden. Wer meint, auf emotionale Erpressung angewiesen zu sein, damit Wünsche erfüllt werden, führt garantiert kein zufriedenes Leben. Das ändert sich eventuell, wenn Manipulation erkannt und eingestellt wird, denn dann erfolgt für beide Parteien eine weiterführende persönliche Entwicklung, die vorher versperrt war. Das Auflösen krankhafter Familiensysteme wirkt sich letztendlich nicht nur positiv für die manipulierte Person aus, auch der Manipulierer profitiert davon, auch wenn er das nicht wahrhaben will.

Empfehlenswerte Literatur zum Themenbereich:
Emotionale Erpressung: Wenn andere mit Gefühlen drohen / Vergiftete Kindheit: Elterliche Macht und ihre Folgen: Vom Mißbrauch elterlicher Macht und seinen Folgen / Das Brave-Tochter-Syndrom: … und wie frau sich davon befreit (HERDER spektrum) = Affiliate-Links zu Amazon

Siehe auch: Schweigen als emotionale Erpressung

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